Newsletter Transferkompakt Dezember 2019
Thema: Bildung für nachhaltige Entwicklung - Anknüpfung ans DKBM.

Ziel des Bildungskonzeptes „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) ist es, Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen und Nachhaltigkeit in allen Bereichen des Bildungssystems zu verankern. Dabei werden unter anderem soziale Gerechtigkeit, kulturelle Vielfalt, Globalisierung und Klimaschutz in den Blick genommen – Themen, die auch für Kommunen strategisch wie operativ an Bedeutung gewinnen und deren Gestaltung nur als Querschnittsaufgabe gelingen kann. Entsprechend oft wird BNE bereits in den bereits vorhandenen Strukturen des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) verankert. Wir erläutern, wo genau Schnittstellen und Synergieeffekte bestehen und welche Mehrwerte sie für die Aufgaben in der Kommune bieten.

Was ist BNE?

Nachhaltigkeit und ökologische Fragen sind schon mindestens seit den 1980er Jahren Themen in der Gesellschaft. Allerdings fand dieses, so kann man sicherlich verallgemeinert konstatieren, trotz vielfältiger Erkenntnisse eher in einem Fachdiskurs bzw. in fokussierten zivilgesellschaftlichen Gruppen Anklang. So wurde der erste „Weltklimabericht“ (Erster Sachstandsbericht des IPCC) bereits 1990 veröffentlicht¹. Nachfolgende Agendaprozesse sind ebenfalls seit 1992  (z. B. Agenda 21 mit entsprechenden kommunalen Strukturen) umgesetzt worden. Dennoch hat das Thema nur punktuell im Kontext von medialen Großereignissen eine größere Resonanz erfahren. Dieser Trend scheint sich zu ändern und ökologische bzw. nachhaltige Fragestellungen sind für einen zunehmenden Teil der Bevölkerung von großer Relevanz, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel. Mittlerweile ist das Thema Umweltschutz nach aktueller Erhebung des Umweltbundesamtes die drittwichtigste Herausforderung und wird von 64 Prozent der Befragten als solche benannt. In einer wissenschaftlichen Studie des Umweltbundesamtes konnten ebenfalls die Einstellungen zu Umweltthemen im Zeitraum von 1996 bis 2016 nachgezeichnet werden. Auch hier kann ein Anstieg der Bedeutung von über 10 Prozentpunkten festgestellt werden (Bauske und Kaiser 2019, S. 32). Man kann also davon sprechen, dass dieses Thema zunehmend in der Bevölkerung eine Relevanz entfaltet. Insbesondere die junge Generation greift dieses „alte“ Thema auf und versieht es mit einer neuen Dynamik, welche sich unter anderem in den (globalen) Demonstrationen mit inkludiertem Schulstreik („Fridays for Future“) manifestiert. Auch das BMBF nennt  daher nicht überraschend in seiner Vorausschau „Anthropogene Umweltbelastungen“ als einen gesellschaftlichen Megatrend der Zukunft.

Anknüpfend an diese Verortung erscheint es zunehmend von Bedeutung, dass sich auch kommunale Bildungslandschaften mit den damit verbundenen Fragen auseinandersetzen – BNE ist hierfür ein Ansatz. Bildung für nachhaltige Entwicklung (fortfolgend BNE) implementiert als integriertes Konzept und partizipativer Prozess sektorenübergreifend Ideen mit dem Ziel, eine ökologisch nachhaltige, humane und demokratische Zukunft zu gestalten. Die Ausrichtung erfolgt hierbei nach dem Grundsatz der Nachhaltigkeit – einem aus der Forstwirtschaft entlehnten Begriff². Dieser meint stark vereinfacht, dass die Entwicklungen in der Art gestaltet werden, dass diese insgesamt ökologisch langfristig keine negativen Folgen hervorrufen, welche zu Lasten der nachfolgenden Generationen gehen. Beispielhaft sind hier die Sicherung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion (zum Beispiel im Hinblick auf die Bodenqualität sowie der Eintrag von Schadstoffen etc.) oder einer nachhaltigen Energieproduktion (zum Beispiel Fragen der Emissionen, klimarelevante Aspekte etc.) zu nennen. Um dieses zu erreichen sind sowohl die Betrachtung aller gesellschaftlichen Faktoren als auch die Vermittlung nachhaltiger Strategien, Strukturen, Prozesse und Maßnahmen („Bildung“) notwendig. Hierfür hat die UNESCO einen Weltaktionsplan ausgerufen, der die beteiligten Staaten selbstverpflichtet, auf Basis der 17 „Sustainable Development Goals“ (SDGs) einen eigenen Umsetzungsplan zu entwickeln, umzusetzen und zu evaluieren. Der Schlüsselfaktor für die erfolgreiche und wirksame Umsetzung wird in lebenslangen Bildungsprozessen aller Menschen und Akteure gesehen, wofür das Bildungssystem entsprechend ausgerichtet werden muss (BMBF 2015, S. 5).

„Stand“ der BNE in Deutschland?

Wesentliches Merkmal „der BNE“ in Deutschland ist, dass es eine unglaublich vielfältige, hauptamtliche und ehrenamtliche Akteurslandschaft gibt. Sie reicht von hochprofessionellen, global agierenden sozialen Unternehmen bis hin zu kleinen zivilgesellschaftlichen Initiativen in einem Quartier. Sprich eine umfassende Transparenz über die Aktivitäten oder auch die Wirksamkeit der Ansätze kann zurzeit nicht gegeben werden³. Es gibt darüber hinaus verschiedene Auszeichnungen (zum Beispiel den deutschen Nachhaltigkeitspreis mit unter anderem Auszeichnung für die Stadt Osnabrück, zum Beispiel Zukunftsstadt ), Netzwerke von nachhaltigen Kommunen (zum Beispiel Kommunen, die die Agenda 2030 unterzeichnet haben, zum Beispiel Unterstützungsstruktur der RENN-Zentren), Zusammenstellungen von guten Praxisbeispielen  sowie Ansätze, Nachhaltigkeit auf Basis von validen Indikatoren zu erfassen (zum Beispiel SDG-Indikatoren für Kommunen).

Der Nationale Aktionsplan skizziert die bundesweite Strategie zur Umsetzung der 17 SDGs und operationalisiert diese über verschiedene Handlungsfelder und Maßnahmen. Dies wird wissenschaftlich begleitet und analysiert. Es wurde konstatiert, dass es zu einer besseren Umsetzung in kommunale Bildungslandschaften zukünftig vor allem darum gehen muss, Diskurs- und Partizipationsplattformen zu etablieren, BNE in kommunalen Monitoring- und Berichtssystemen zu integrieren, eine insgesamt höhere kommunale Sichtbarkeit herzustellen, als auch die Einbettung von Themen in die strategischen Entwicklungsziele vorzunehmen (Grapentin-Rimek 2019, S. 3ff).

Unesco: 17 Sustainable Development Goals (Quelle: UN)

BNE – kommunale Verwaltung – DKBM?

Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema führt dazu, dass die Gestaltung von BNE auch zunehmend in kommunalen Bildungslandschaften von Relevanz ist. Die kommunale Ebene ist entscheidend bei der konkreten systematischen Gestaltung, Umsetzung, Koordination und Steuerung von BNE. Hier begegnen sich die verschiedenen zivilgesellschaftlichen, wirtschaftlichen und administrativen Akteure, um die konkrete Gestaltung vor Ort vorzunehmen. Eine Kommune kann bezüglich der Thematik von BNE eine wesentliche Funktion einnehmen, die sie mit ihrem nicht-kommerziellen Auftrag über professionelles (hauptamtliches) Personal gestalten kann:

  • Demokratisch legitimierte Strategien und Ziele partizipativ formulieren,
  • Koordinationsfunktion von bestehenden und neuen Netzwerken wahrnehmen,
  • Kooperationsbeziehungen zwischen den Akteuren gestalten,
  • Transparenz in der Bildungslandschaft herstellen: Monitoring und Wissenshub,
  • Informationsbroker: professionelle Gestaltung der Kommunikation über die Themen,
  • Bildungsprozesse im Zusammenspiel mit den Akteuren gestalten und vieles mehr …

Alle diese Aspekte sind grundsätzlich methodisch, organisatorisch, prozessual und strukturell in einem DKBM angelegt. Das DKBM sieht sich hierbei explizit in der Rolle, auch gesellschaftliche Trends und neue Entwicklungen zu analysieren und zu gestalten. DKBM ist gesellschaftlich anknüpfungsfähig ohne dabei ein thematisch beliebiger „Gemischtwarenladen“ zu sein. Da es bei BNE auch wesentlich um Bildungsprozesse geht, erscheint es logisch, DKBM-Strukturen (zum Beispiel ein Bildungsbüro) zumindest in Teilen in die Bearbeitung des Themas einzubinden. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn es bereits bestehende Strukturen (zum Beispiel Agenda-Beauftragte) gibt. Beispielhaft sei illustrierend auf das Leitbild 2030 der Stadt Mannheim verwiesen, in dem die SDGs und das Thema Nachhaltigkeit als das zentrale Querschnittsziel der zukünftigen Stadtentwicklung formuliert wurden.

Ausblick

Kommunen sollten sich neuen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen und diese im Sinne eines Dienstleisters für ihre Bürgerinnen und Bürger gestalten. Dies gilt auch für das Thema BNE, wobei entschieden werden muss, mit welcher Priorität, wie und durch wen dies bearbeitet werden soll. Das DKBM kann in diesem Prozess eine wichtige Ressource darstellen. Beim Jahrestreffen 2019 des DKBM-Netzwerkes Niedersachsen sorgte das Thema „BNE und die Anknüpfung ans DKBM“ jedenfalls schon für großes Interesse bei den kommunalen Mitarbeiter/-innen. Um die Kommunen zukünftig neben den Transferagenturen eine weitere fachspezifische Hilfestellung bei der systematischen Implementierung von BNE anbieten zu können, wird voraussichtlich im Verlauf des Jahres 2020 die BNE-Kompetenzagentur Kommune ihre Arbeit aufnehmen und wesentliche Impulse für den kommunalen Raum setzen.

Autor: Dr. Marco Schmidt, Projektleitung, Transferagentur Niedersachsen

Fußnoten und Quellen:

  • ¹ Ein weiterer wichtiger Bericht ist der „G20 Brown to Green Report 2018“.
  • ² Beispielhaft kann hier die Entnahme von Bäumen aus dem Wald angeführt werden. Man entnimmt nur so viele Bäume, wie auch nachwachsen, bzw. gleicht die Entnahme durch kompensatorische Maßnahmen aus (eigenes Anpflanzen von Bäumen o.ä.).
  • ³ Einen Überblick über viele Akteure der BNE-Landschaft gibt: https://www.bne-portal.de/de/akteure/karte
  • Bauske, E. und F. G. Kaiser (2019): Umwelteinstellungen in Deutschland von 1996 bis 2016: Eine Sekundäranalyse der Umweltbewusstseinsstudien. In: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit [Hrsg.]: Texte 128/2019; Dessau-Roßlau; S. 32.
  • Grapentin-Rimek, Th. (2019): BNE-Bildungslandschaften – Kommunen als Schlüsselstellen für eine gesellschaftliche Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung. Freie Universität Berlin, Institut Futur [Hrsg.]: Excecutive Summary. Wissenschaftliche Beratung Weltaktionsplan BNE. Berlin. S. 3ff.