Newsletter Transferkompakt September 2020

Digitalisierung & DKBM in Zeiten von Corona - Digitaler Wandel in Kommunen.

Die Corona-Krise hat unterschiedliche Auswirkungen auf Arbeits- und Lebenswelten. Durch Kontaktbeschränkungen, Kita- und Schulschließungen oder Betreuung von Angehörigen mussten viele Arbeitnehmer auf Homeoffice umstellen, ihre Arbeitszeiten flexibler gestalten oder andere Lösungen finden.  Die Auswirkungen der Pandemie zeigen sich auch im Arbeitsalltag der kommunalen Verwaltungen. Viele Mitarbeiter haben aus dem Homeoffice gearbeitet, waren in einer kleineren Besetzung im Büro oder mussten an anderen Stellen der Kommunalverwaltung aushelfen, vor allem im Bereich des Gesundheitsamtes. Damit die Arbeit in der Verwaltung weiter gestaltet werden kann, sind ganz unterschiedliche und spannende Möglichkeiten entwickelt worden, um Kontakt, Wissenstransfer und Wissensaustausch zu gewährleisten. Gerade Bildungsbüros, die den Austausch von Wissen koordinieren und damit auch auf den Kontakt zu externen Akteuren angewiesen sind, haben neue auch digitale Formen der Zusammenarbeit ausprobiert und gefunden. Im Folgenden möchten wir exemplarisch auf drei Beispiele eingehen.

Bereits Mitte März arbeitete laut einer Bitkom-Umfrage jeder zweite (49%) zumindest teilweise aus dem Homeoffice. Herausforderungen der Digitalisierung liegen insbesondere in der digitalen Umstellung von Arbeitsabläufen, z.B. in der Einführung neuer Prozesse und Tools zur Zusammenarbeit, in der Nutzung sicherer digitaler Infrastruktur, beispielsweise im Hinblick auf IT-Sicherheit und Nutzung mobiler Endgeräte, und in der Einführung neuer, digitaler Geschäftsmodelle, wie die Planung und Durchführung von Online-Seminaren. Jedoch geht es bei der digitalen Transformation nicht einfach darum, bereits vorhandene Strukturen auf die digitale Welt zu übertragen. Digitalisierung erfordert ein Umdenken bezogen auf die Umsetzung von Arbeitsprozessen und den Nutzen digitaler Strukturen. Digitale Lösungen sollen einen echten Mehrwert für die Nutzer bieten. Neue Methoden und Ansätze sollen lösungsorientiert an der Nutzerperspektive ausgerichtet sein. Ein bisher bestehendes, analoges Angebot kann meist nicht 1:1 ohne Veränderungen auf die digitale Durchführung übertragen werden2. Auch Städte und Gemeinden in Deutschland können von der Digitalisierung profitieren und dabei effizienter und bürgernäher werden. Ein entscheidender Faktor dabei ist, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgenommen werden5.

Wir haben dazu den Landkreis Stade, die Stadt Osnabrück, den Landkreis Diepholz befragt, ob sie uns im Rahmen eines kurzen Interviews an Ihrem derzeitigen Arbeitsstand zur Durchführung digitaler Veranstaltungen teilhaben lassen.


Landkreis Stade: Schriftliche Netzwerktreffen

Bildungsbüro Landkreis Stade - Mareen Telschow (Sprachförderkoordination) und Hanna Münster-Bortig (Bildungskoordination für Neuzugewanderte)

Was wird digital umgesetzt? Wie häufig findet das Format statt?
Die Netzwerktreffen wurden im Zuge der Corona bedingten Kontaktbeschränkungen schriftlich durchgeführt, da anfangs die für Videokonferenzen erforderliche Ausstattung fehlte. Insgesamt finden die Treffen 3 bis 4 Mal jährlich statt. Bislang haben zwei Netzwerktreffen als schriftlicher Austausch stattgefunden.

Wie werden die Netzwerktreffen umgesetzt?
Die Netzwerktreffen sind ein wichtiges Element des Bildungsbüros um den Austausch der unterschiedlichen Akteure zu den unterschiedlichen Bildungsthemen zu ermöglichen. Um dies auch ohne Präsenzveranstaltungen weiterhin gewährleisten zu können, haben wir die Möglichkeit des „schriftlichen Netzwerktreffens“ entwickelt. Dabei haben wir entlang der Tagesordnung vier bis fünf Fragen entwickelt, welche wir dann an die Teilnehmenden der Netzwerktreffen versendet haben. Inhaltlich geht es darum, den Austausch hinsichtlich des aktuellen Geschehens in den Institutionen zu befördern, auf bestehende Angebote und Maßnahmen untereinander hinzuweisen, sowie die aktuellen Themen und Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie aufzugreifen, um gleichzeitig möglichen Unterstützungsbedarf zu erfassen. Nach der Rücksendung der Antworten werden diese geclustert, strukturiert und im Anschluss wird ein schriftliches Protokoll erstellt und verschickt. So kann der Kontakt aufrecht gehalten werden und die Teilnehmer merken „wir sitzen alle im gleichen Boot“ und kommen trotzdem weiter in der Bearbeitung unserer Themen. Bislang waren die Rückmeldungen auf die „schriftlichen Netzwerktreffen“ positiv.

Was sehen Sie als größte Herausforderung für das DKBM in Ihrer Kommune?
Die größte Herausforderung für das DKBM im Landkreis Stade aufgrund der Corona-Krise liegt darin, virtuelle Lösungen für die Netzwerkarbeit zu finden, um die aufgebauten Netzwerkstrukturen aufrechtzuerhalten und auch weiterhin die operative Zusammenarbeit der Akteure zu ermöglichen. Damit verbunden ist die Herausforderung, dass nicht überall die gleichen technischen Voraussetzungen vorhanden sind und die Erfahrungen im Umgang mit digitalen Angeboten zum Teil sehr unterschiedlich sind.

Wo sehen Sie Chancen für das DKBM durch die Digitalisierung?
Die Chancen für das DKBM liegen darin, sich weiter den Möglichkeiten der Digitalisierung zu öffnen und digitale Angebote und virtuelle Austauschformate auszubauen und in der Praxis zu erproben. Eine Kombination aus Präsenz- und Onlineformaten kann es den Netzwerkmitgliedern ermöglichen, zukünftig flexibler zusammenzuarbeiten.

Welchen Tipp haben Sie für Ihre Kollegen in anderen Kommunen?
Wenn es etwa darum geht, die Voraussetzungen für die virtuelle Zusammenarbeit zu schaffen, sollte darauf geachtet werden, plattformunabhängige und für die Netzwerkmitglieder kostenfreie Software auszuwählen, die auch die Datensicherheit gewährleistet. Der Landkreis Stade hat beispielsweise in die Software „GoToMeeting“ investiert, um Videokonferenzen und Webinare durchführen zu können.


Stadt Osnabrück - Digitale Berufsorientierungsmesse

Ute Tromp - Leiterin Fachdienst Bildung

Was wurde digital geplant? Wann fand die Veranstaltung statt?
Seit 2013 wird in der Region Osnabrück die Berufsorientierungsmesse AUSBILDUNG 49 durchgeführt. Initiiert wurde sie durch das kommunale Bildungsmanagement der Stadt Osnabrück und ihrem Partner JF Messekonzept. An der Umsetzung und Gestaltung sind alle relevanten Kooperationspartner im Übergang Schule – Beruf nach wie vor beteiligt. Am 26./27.06. wurde sie nun erstmals digital angeboten. Weitere Infos unter: www.ausbildung49.de

Wie wurde die Veranstaltung umgesetzt und wie war die Rückmeldung?
An den beiden Live-Tagen stand die Interaktion zwischen Schülern und Schülerinnen/ Eltern und Betrieben im Vordergrund: die über 80 virtuellen Messestände ermöglichten live-Chats, Video- und Sprachanrufe. In Vorträgen konnte zielgerichtet auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden eingegangen werden. Über 2000 Besucher*innen wurden registriert und waren mit dem Informationsgehalt, der direkten Kommunikation mit den Ausstellern und der exzellenten Vorbereitung auf die Messe mehr als zufrieden. Auch die ausstellenden Betriebe, wo zunächst Skepsis herrschte, waren von der Innovation und der Kommunikation mit den Schülern*innen und den Eltern nach der Messe restlos überzeugt. 

Was sehen Sie als größte Herausforderung bezogen auf die Digitalisierung für das DKBM?
Abstimmungs-, Planung- und Entwicklungsprozesse setzen eine professionelle und zielgerichtete Kommunikation mit internen und externen Kooperationspartnern voraus. Das bedeutet, um kompetent kommunizieren zu können und entsprechende Arbeitsergebnisse zu erzielen, bedarf es sowohl einer professionellen technischen Ausstattung und Kompetenz, Kenntnisse und Erfahrung in der Anwendung virtueller Methoden und personeller Unterstützung bei der Durchführung von Arbeitsgremien. Hier sehe ich die größten Herausforderungen für eine Organisation aber auch für jeden Einzelnen.

Wo sehen Sie Chancen für das DKBM durch die Digitalisierung?
Insbesondere für die Vernetzung von Akteuren an unterschiedlichen räumlichen Standorten sehe ich große Erleichterungen, weil sie sicherlich zur zeitlichen Ressourcenschonung beitragen. Schnelle Umfragen, Abfragen, Entscheidungen, etc. sind möglich „ohne“ Terminkalender.  Dokumentationen von Arbeitsergebnissen sind digital wesentlich einfacher, wenn die entsprechenden Tools zur Verfügung stehen.

Welchen Tipp haben Sie für Ihre Kollegen in anderen Kommunen im Rahmen der Planung und Durchführung von digitalen Angeboten?
Qualifizierung sind meines Erachtens das A und O beim digitalen Arbeiten und: Üben, üben, üben! Die Vorbereitung digitaler Formate erfordert deutlich mehr Zeit und für die Durchführung sollte man immer Co-Moderator*innen einplanen.  

Landkreis Diepholz – Digitale Arbeits- und Netzwerktreffen

Mandy Peukert - Bildungsmanagerin und Thorsten Abeling - Leiter Fachdienst Bildung

Welche Veranstaltungen führen Sie digital durch und wie sieht die Umsetzung aus?
Im Landkreis Diepholz werden Arbeits- und Netzwerktreffen zu unterschiedlichen Themenfeldern der Bildungsregion z.B. Netzwerktreffen mit Trägern der Erwachsenenbildung, die Arbeitsgruppe MINT und digitale Bildung, die AG Schulabsentismus, sowie die AG im Handlungsfeld Übergang Schule und Beruf digital umgesetzt. Dabei lädt das Bildungsbüro ein und versendet Zugangsdaten per E-Mail.

Was sehen Sie als größte Herausforderung in der Umsetzung digitaler Formate?
Die Moderation der Netzwerke und die Nutzung partizipativer Elemente wie z.B. virtueller Stellwände oder der gemeinsame Zugriff auf Dateien sehe ich als große Herausforderung. Da sind wir gerade dabei, Konzepte zu erarbeiten.  Eine weitere Herausforderung besteht im Aufbau neuer Netzwerke. Wenn neue Akteure zusammenkommen und bisher keine Vertrauensbasis besteht, ist es schwerer ein belastbares Netzwerk aufzubauen. Wenn man die Chance hat ein persönliches Kennenlernen in einem Netzwerk zu ermöglichen, entstehen schneller vertrauensvolle Arbeitsstrukturen.

Wo sehen Sie eine Chance durch die Digitalisierung und welchen Tipp haben Sie, wenn es um die Durchführung und Planung digitaler Formate geht?
Digitalisierung bringt Vorteile, Arbeitsstrukturen entwickeln sich weiter und es entsteht Freiraum für die inhaltliche Weiterentwicklung in der Bildungsarbeit. Wichtig ist eine regelmäßige Betrachtung und Auswertung der Prozesse.

Der Landkreis Diepholz hat ebenfalls Schulleiterbesprechungen in ein digitales Format transformiert. Dazu hat uns Herr Abeling, der Leiter des Fachdienstes Bildung, ein paar Fragen beantwortet.

Welche Veranstaltungen führen Sie digital durch und wie sieht die Umsetzung aus?
Wir konnten durch die Digitalisierung einen regelmäßigen Austausch mit den Schulleitungen der landkreiseigenen Schulen per Video-/Sprachkonferenz in einem ca. 14tägigen Rhythmus etablieren. Aufgrund des hohen zeitlichen und organisatorischen Aufwandes gab es diesen Austausch vor Corona nicht, wird aber von allen Seiten begrüßt. Dabei versende ich ca. 1 Woche vorher die Zugangsdaten für die Teilnahme, zu Beginn der Konferenz wird „auf Zuruf“ eine Tagesordnung erstellt. Manchmal werden Themen auch vorab mitgeteilt. Neben den 19 Schulleitungen sind auch themenbezogen Mitarbeiter anderer Fachdienste eingeladen (z.B. EDV), im Anschluss wird ein Kurzprotokoll erstellt und per E-Mail auch an die Nichtteilnehmer versendet.

Was sehen Sie als größte Herausforderung in der Umsetzung digitaler Formate?
Als größte Herausforderung sehe ich die adäquate technische Ausstattung und die Einhaltung des Datenschutzes. Bei der technischen Ausstattung hat sich jedoch seit Beginn der Pandemie schon einiges bewegt. So wurden schnelle Rechner und Monitore mit integrierter Kamera angeschafft. Auch die Freischaltung für die Nutzung verschiedener Videokonferenzsysteme ist erfolgt (MS-Teams, Circuit, …).

Wo sehen Sie eine Chance durch die Digitalisierung und welchen Tipp haben Sie, wenn es um die Durchführung und Planung digitaler Formate geht?
Eine Chance sehe ich in der Zeitersparnis z.B. durch Reduzierung von Fahrzeiten. Zudem stehen Unterlagen unmittelbar zur Verfügung und können bearbeitet werden.
Als Tipp würde ich sagen „wer nicht versucht, der nicht gewinnt“.

Die guten Ansätze und vielen umgesetzten Formate zeigen, dass es möglich ist, auch digital einiges zu bewegen. Kontakt, Wissensaustausch und Wissenstransfer kann in Zeiten der Kontaktbeschränkungen aufrecht erhalten werden. Durch die Corona-Pandemie sind digitale Strukturen und Prozesse geschaffen worden, es bleibt abzuwarten, was davon auch in Zeiten ohne Corona-bedingte Einschränkungen erhalten bleibt. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass sich zwei Trends abzeichnen: So wird sich die digitale Transformation in Unternehmen beschleunigen und das mobile Arbeiten bzw. die Möglichkeit auf Homeoffice sowie die Nutzung digitaler (Kommunikations-) Tools langfristig etablieren. Dabei wird es vermutlich zu einer Mischung aus virtueller und Präsenzarbeit kommen. Die veränderten Arbeitsstrukturen haben nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, auch die Führungskultur wird sich wandeln müssen - zu mehr Vertrauen in die einzelnen Mitarbeiter und weg von der "direkten" Kontrolle. Laut Bertelsmann Stiftung sind Wirtschaft, Politik und Gesellschaft dazu aufgefordert „die durch die Pandemie hervorgerufenen positiven Effekte in der Arbeitswelt aufzugreifen und zu verstetigen“.

Autorin: Sina Schriewer, Transferagentur Niedersachsen