Pressemitteilung
Osnabrück, 28.02.2020.
„Kommunalen Bildungslandschaften kommt die absolute Handlungskompetenz in Deutschland zu“
Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe: Impulse von Soziologin Prof. Allmendinger und Philosoph Prof. Nida-Rümelin beim Kongress der Transferagentur Niedersachsen.
Osnabrück. Rund 180 Bildungsakteure folgten am 11. und 12. Februar 2020 der Einladung der Transferagentur Niedersachsen in die OsnabrückHalle, um über „Bildung in gesellschaftlicher Verantwortung“ zu diskutieren. Denn eine erfolgreiche Bildungsbiografie sorgt nicht nur für eine individuell höhere Lebensqualität, sondern trägt auch dazu bei, Herausforderungen wie Armut, Inklusion, Integration und digitaler Spaltung wirksam zu begegnen. Fakt ist aber, dass es schon beim Zugang zu Bildung weiterhin große Unterschiede gibt – oder wie Keynote-Speakerin Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, es ausdrückte: „Die soziale Vererbung von Bildung in Deutschland ist sehr stark. Damit werden berufliche Chancen sowie die Teilhabe an Wohnraum, Kultur, Gesundheit, Wissen und den Entwicklungen der Welt sehr früh festgelegt.“
Gemeinsam mit Heiner Hoffmeister vom Niedersächsischen Kultusministerium, Volker Grendel, Leiter des Fachbereiches Gesundheit und Soziales der Stadt Emden, und Moderatorin Beate Kowollik (u.a. WDR) ging sie in einer Gesprächsrunde der Frage nach, wer dafür wie in welcher Verantwortung steht: „Ich denke, dass Bildungslandschaften die absolute Handlungskompetenz zukommt. […] Dieses Zusammenspiel von Selbstwertgefühl, sozialem Miteinander, guten Institutionen für Lernen, Weiterbildung, guten Mindeststandards etc. können wir nur lokal erreichen. Lokal eingebettet in größere Regionen.“
Dass Bildung vor allem dann gelingen kann, wenn sie als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird, konstatierte am zweiten Tag auch Heiner Hoffmeister, Leitung Abteilung 3 Allgemein bildendes Schulwesen, Kirchen des Niedersächsischen Kultusministeriums, der in Vertretung das Grußwort des erkrankten Niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne hielt. Er dankte der Transferagentur für die Unterstützung im Bereich der kommunalen Vernetzung mit dem gemeinsamen Ziel „angemessene Bildungsangebote vorzuhalten und gleichzeitig die Bildungsinfrastruktur weiter an die regionalen Unterschiede und die verschiedenen Entwicklungen vor Ort anzupassen.“ Für eine funktionierende Bildungslandschaft würden individuelle und zukunftsfähige Konzepte benötigt: „Es muss unser aller Ziel sein, die Beteiligung an Bildung weiter zu steigern und das Verständnis dafür zu fördern, dass Lernen ein kontinuierlicher Prozess für jede Person und in jeder einzelnen Bildungsbiographie ist.“
Zum Abschluss des zweitägigen Kongresses sprach der bekannte Philosoph Prof. Dr. Dr. Julian Nida-Rümelin über die digitale Herausforderung der Bildung. Er hob unter anderem die massive Tendenz der Vereinfachung hervor und dass die Selbstverständlichkeit, die in einer globalisierten Welt zunehmend verschwindet, wieder erarbeitet werden muss. Ziel der Bildung sei es deshalb, Orientierungswissen zu vermitteln: „Gerade in Zeiten der Digitalisierung ist es besonders wichtig, dass die Ich-Stärke neben der Urteilskraft jedes Einzelnen als grundlegende Bedingung für Bildung angesehen wird.“
Neben den Impulsen gab es für die Teilnehmer/-innen aus kommunaler Verwaltung, Bildungseinrichtungen, Politik und Zivilgesellschaft Gelegenheit zum Netzwerken und die Möglichkeit, sich in verschiedenen Sessions zu vielfältigen Bildungsthemen wie Inklusion oder Digitalisierung auszutauschen und konkrete Ergebnisse für die tägliche Praxis zu erarbeiten.
Außerdem feierte die Transferagentur Niedersachsen auf dem KONGRESSNetzwerkBildung ihr fünfjähriges Bestehen. Sie arbeitet inzwischen mit mehr als zwei Dritteln der niedersächsischen Kommunen daran, deren Bildungsprozesse und -strukturen datenbasiert zu managen und so eine funktionierende Bildungslandschaft aufzubauen.
Bildunterschriften:
01: Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Moderatorin Beate Kowollik (u.a. WDR), Volker Grendel, Leiter des Fachbereiches Gesundheit und Soziales der Stadt Emden, und Heiner Hoffmeister vom Niedersächsischen Kultusministerium im Gespräch über Bildung und soziale Teilhabe (v.l.n.r.).
02: Der Philosoph Prof. Dr. Dr. Julian Nida-Rümelin referierte zum Abschluss des zweiten Kongresstages über digitale Herausforderungen der Bildung.
Fotos: Fotostudio Osnabrück/Daniela Rösler