Newsletter Transferkompakt März 2016
Thema: Kommunen gestalten lebenslanges Lernen.

Der Diskurs um die Herausforderungen der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts ist durch verschiedene Stränge geprägt: Auf politischer, wissenschaftlicher, wirtschaftlicher Ebene wird über die Bedeutung von Bildung als Ressource diskutiert, als Basis von Teilhabe, Integration und Fachkräftesicherung und als Aufgabe einer Daseinsvorsorge. Wenngleich Bildung in der Bundesrepublik Ländersache ist, sind die Anforderungen und Auswirkungen des Bildungsgeschehens vor allem in den Kommunen zu spüren. Der Ansatz, Bildung vor Ort im Rahmen einer kommunalen Bildungslandschaft zu gestalten, wurde in den vergangenen Jahren zum Beispiel durch die Förderinitiative „Lernen vor Ort“ umgesetzt. Ziel des Programms war die „Entwicklung eines lokalen Bildungsmanagements vor Ort, das lebenslanges, aufeinander abgestimmtes Lernen und erfolgreiche Bildungsbiografien für alle Bürgerinnen und Bürger ermöglicht.“ (www.lernen-vor-ort.info/de/98.php)

Was bedeutet lebenslanges Lernen?

Lebenslanges Lernen bedeutet dabei, dass Lernen nicht mit dem Erlangen eines Schul- oder Berufsabschlusses aufhört und damit auf eine rein formale Bildung beschränkt wäre, sondern bis ins hohe Erwachsenenalter in alle Lebensbereiche hineinspielt. Unabhängig von der Lebensphase umfasst der Begriff des lebenslangen Lernens auch Bereiche der non-formalen und der informellen Bildung – also auch die Bereiche beispielsweise der außerschulischen Bildung, der Freizeitangebote oder des ehrenamtlichen Engagements. Dabei besteht das Lernen in der Entwicklung von sozialen und kulturellen Kompetenzen, die über reines Faktenwissen hinausgehen und Bürgerinnen und Bürger letztlich wiederum befähigen, das Leben in einer Kommune mitzugestalten.

Viele Kommunen haben unter diesem erweiterten Bildungsbegriff Strukturen aufgebaut, die es ermöglichen, Bildungsangebote aufeinander abzustimmen und Übergänge zwischen den Lebensphasen so zu gestalten, dass „kein Kind verloren geht“ und allen Bürgerinnen und Bürgern gerechte Zugänge zu Bildungs-, Lern- und Bildungsberatungsangeboten gewährleistet sind. Die KGST formuliert in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass „für die Entwicklung von Lebenslangem Lernen […] keine neuen Institutionen erforderlich [sind, sondern] die an Bildung, Erziehung und Betreuung beteiligten Institutionen und Akteure […] unter Verantwortung der Kommune intensiv vernetzt und in ihren Funktionen an die Erfordernisse Lebenslangen Lernens angepasst werden [müssen]." (www.kgst.de/themenfelder/kultur-und-bildung/bildung/)

Ein weiterer wichtiger Baustein im Rahmen dieser neuen Strukturen eines Bildungsmanagements ist die Datenbasierung, das heißt der Aufbau eines Bildungsmonitorings, das Angebote des lebenslangen Lernens in den Kommunen zahlenmäßig erfasst und als Basis bildungspolitischer Entscheidungen in der Kommune dient. 

Das Wissen um die in den vergangenen Jahren in vielen Kommunen entwickelten und erprobten Ansätze des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements soll durch die Transferagenturen für andere Kommunen zugänglich gemacht werden. Bestehende Modelle, genauso wie deren Erfolgsfaktoren und Stolpersteine, können anderen Kommunen damit Vorlage und Orientierung sein für die Entwicklung von Lösungsansätzen. Im Folgenden stellen wir entlang der bildungsbiografischen Phasen aktuelle Ansätze, gute Beispiele aus der Praxis, Veranstaltungen und Literaturhinweise zum Thema Lebenslanges Lernen im kommunalen Kontext vor.

 

Informationen aus der Praxis:

Lernwerkstatt - Modellvorhaben "Kindergarten und Grundschule unter einem Dach"

Lernwerkstätten fördern das selbstständige und eigenverantwortliche Lernen von Kindern. Nebenbei stellen sie aber auch ein geeignetes Übergangsinstrument von der Kita in die Grundschule dar und können den Kindern "Brücken bauen". Zahlreiche Programme und Praxis-Beispiele bestehen dazu bereits in Deutschland. Im Rahmen eines Modellvorhabens des Landes Niedersachsen mit dem Titel "Kita und Grundschule unter einem Dach" wurde im Landkreis Osnabrück zwischen der Kindertagesstätte St. Johann in Riemsloh und der Grundschule in Riemsloh eine institutionen-übergreifende Lernwerkstatt in einem ehemaligen Klassenraum der Grundschule eingerichtet. Neben den Kindern Spaß und Freude am Forschenden Lernen zu ermöglichen wird ein professionelles Miteinander der Fachkräfte beider Institutionen gefördert.

 

Weitere Informationen und Kontakt:

Kita St. Johann Melle (Susanne Lührmann 05226-982820) http://www.kita-st-johann.de/ 
Grundschule Riemsloh (Anke Bolte bolkruwebde)
http://wordpress.nibis.de/gsriemsloh/modellprojekt/ 

 

Literatur

nifbe: Themenschwerpunkt Übergang KiTa-Grundschule
Die Seite greift neben der Theorie besonders Modellprojekte auf, die zum Übergang in Niedersachsen angestoßen wurden.
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Gute Beispiele

Kreis Lippe: Bildungs- und Entwicklungsbegleitung (BEB)
Die Grundlagen einer gelungenen Bildungsbiografie werden in der Familie und in den ersten drei Lebensjahren gelegt. Um diese Entwicklung von Anfang an positiv zu beeinflussen, hat der Kreis Lippe das Konzept der Bildungs- und Entwicklungsbegleiterinnen (BEB) entwickelt. Nach den positiven Effekten der Pilot- und Entwicklungsphase wird das Konzept nun kreisweit auch unter Beteiligung weiterer Jugendämter umgesetzt. 
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Stadt Offenbach am Main: Beirat Kooperationsvereinbarung Schnittstelle Elementarbildung - Grundschule
Was können Kita und Grundschule tun, damit Kinder den Übergang gut bewältigen? Wie kann eine bessere Abstimmung zur Sprach- und mathematisch/naturwissenschaftliche Förderung aussehen? Das sind Fragen, mit denen sich der Beirat Kooperationsvereinbarung Kita und Grundschule seit 2010 beschäftigt. Grundlage ist eine zwischen Stadt und Staatlichem Schulamt geschlossene Kooperationsvereinbarung. 
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Politische Änderungen

Der Wegfall der Schullaufbahnempfehlung und die Einführung von zwei Beratungsgesprächen an den Grundschulen sind ein wichtiger Punkt, um Kinder nicht zu früh auszusortieren, sondern ihnen die Möglichkeit zur individuellen Entwicklung zu geben. Ein möglichst langes Offenhalten des Bildungsweges ist wichtig, um allen Schülerinnen und Schülern Entwicklungsmöglichkeiten geben zu können. Die bisherige Schullaufbahnempfehlung wird ab dem Schuljahr 2015/2016 durch zwei Beratungsgespräche ersetzt. Damit wird der Druck, unter dem schon Grundschulkinder stehen, zukünftig gemindert. Damit entfällt auch die bisherige regelhafte Überweisung nach einer Nichtversetzung nach Klasse 6, wenn eine höhere Schulform als empfohlen besucht wird. Mit dem Wegfall der Schullaufbahnempfehlung wird auch das Zeugnis am Ende der Grundschule am letzten Tag vor den Sommerferien ausgegeben.

 

Literatur

Kai Maaz, Gabriel Nagy (2009): Der Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen des Sekundarschulsystems: Definition, Spezifikation und Quantifizierung primärer und sekundärer Herkunftseffekte. In:  Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Sonderheft 12 - Bildungsentscheidungen, S. 153-182


BMBF [Hrsg.] (2010): Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule – Leistungsgerechtigkeit, regionale, soziale und ethnisch-kulturelle Disparitäten. Bd. 34
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Freiburger Lupe: Der interaktive Bildungsfahrplan > zur PDF-Datei

Bundesprogramm Bildungsketten (BMBF, BMAS, BA)

Von der Schule in die Ausbildung: Mit der Initiative Bildungsketten werden junge Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben unterstützt. Jeder ausbildungsreife und ausbildungswillige Jugendliche soll möglichst bis zum Ausbildungsabschluss geführt werden. Bund und Länder haben sich im Rahmen des Bildungsgipfels darauf verständigt, den Anteil der Schulabgänger/innen ohne Abschluss und der ausbildungsfähigen jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss zu halbieren und Ausbildungsabbrüche möglichst zu verhindern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen alle Maßnahmen im Rahmen der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ gebündelt werden. Initiatoren der Initiative Bildungsketten sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und die Bundesagentur für Arbeit (BA). Gemeinsam mit den Ländern setzen sie sich dafür ein, erfolgreiche Förderinstrumente zu einem ganzheitlichen, bundesweit gültigen und in sich stimmigen Fördersystem zur Berufsorientierung und im Übergangsbereich zu verzahnen.
Weitere Informationen: www.bildungsketten.de

 

Literatur

Stiftung der deutschen Wirtschaft (Hrsg.). Bildungsübergänge gestalten. Junge Talente fördern und Fachkräfte sichern. Murrmann Verlag, Hamburg, 2014.


Lernen vor Ort. Werkstattbericht 8  Bildungsübergänge koordinieren. Programmstelle „Lernen vor Ort“, Bonn, 2011.

 

Veranstaltungen

Zum Thema Übergang Schule-Beruf werden in allen Regionen Deutschlands eine Vielzahl an regionalen Veranstaltungen durchgeführt. In den meisten Fällen sind Schüler die primäre Zielgruppe. Flankierend  werden auch für an der Schnittstelle tätige Fachkräfte Vorträge etc. angeboten, zum Beispiel: „Einstieg“ – regionale Messe für Schüler mit Vorträgen zur Berufswahl etc., unter anderem Hannover, 03./04. Juni 2016.

 

Gute Beispiele

Kreis Güterloh: Gelungene Koordinierung des Überganges von der Schule in den Beruf
Unter der Devise „Prävention statt Reaktion“ arbeitet die Kommunale Koordinierung Übergang Schule-Beruf im Kreis Gütersloh als Sachgebiet innerhalb der Kommunalverwaltung an der effektiven Vernetzung aller Angebote und Akteure am Übergang Schule-Beruf. Ziel ist es, unnötige Warteschleifen und Ausbildungs- und Studienabbrüche zu vermeiden. Eingebettet ist die Kommunale Koordinierung in das NRW Landesprogramm „Kein Abschluss ohne Anschluss“.
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Landkreis Osterode: Dauerhafte Einrichtung einer Koordinierungsstelle am Übergang Bildung-Beruf
Die Koordinierungsstelle Bildung-Beruf ist zuständig für den gesamten Bereich des Überganges Bildung zu Beruf und in Form eines Hauptsachgebietes beim Ersten Kreisrat angesiedelt. Sie versteht sich als Interessensvertretung für alle beteiligten Akteure, die den Übergangsbereich von der Schule in das Erwerbsleben im Landkreis gestalten. So bringt die Koordinierungsstelle Akteure am Übergang Bildung-Beruf zusammen und erarbeitet mit ihnen gemeinsam Mindeststandards. 
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Landeshauptstadt Dresden: Koordinierungsstelle Berufs- und Studienorientierung- Gelungene Koordinierung des Überganges von der Schule in den Beruf
Die Koordinierung Berufs- und Studienorientierung hat es sich zum Ziel gesetzt, Akteure, Gremien und Maßnahmen im Bereich der Berufs- und Studienorientierung zu vernetzen und damit die Gelingensfaktoren für den erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf für alle Schularten zu erhöhen. In der Stadt sollen nachhaltige Unterstützungsstrukturen für alle Beteiligten aufgebaut werden.
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Literatur 

LvO-Werkstattbericht: Berufliche Bildung im kommunalen Bildungsmonitoring - Monitoring von Ausbildung, Weiterbildung, Fachkräftebedarf
Der Einbezug von Informationen zur Weiterbildung in das kommunale Monitoring ist sinnvoll, da die Weiterbildung zentrales Thema der Regionalentwicklung ist. Kommunen, die am Bundesprogramm „Lernen vor Ort“ teilgenommen haben, berichten in diesem Werkstattbericht des BMBF von ihren Erfahrungen.
http://www.lernen-vor-ort.info/_media/WB_3.pdf


LvO-Werkstattbericht: Berufliche Bildung im kommunalen Bildungsmonitoring
Aus bildungspolitischer Perspektive stellt ein hoher (Aus-)Bildungsstand der Bevölkerung eine zentrale Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit einer globalisierten Wissensgesellschaft, die inbegriffenen Chancen für die regionale Wirtschaftsentwicklung sowie für die Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung dar. Ein kommunales Bildungsmonitoring kann dazu beitragen, das von einer sehr heterogenen und sich in einem steten Wandel befindlichen Angebotsstruktur geprägte System der beruflichen Bildung transparent darzustellen sowie Stärken und Schwächen aufzuzeigen.
http://www.lernen-vor-ort.info/_media/WB_9.pdf


Regionales Arbeitsmarktmonitoring: Ansätze, Konzepte und Entwicklungen in Deutschland (Christa Larsen et al (Hrsg))
Funktionsfähige regionale Arbeitsmärkte sind ein zentrales Element regionaler Wettbewerbsfähigkeit. Adäquate Informationen und handlungsbezogenes Wissen bilden dafür wichtige Voraussetzungen. Arbeitsmarktmonitoring ist ein Instrument, das die Informationen und das Wissen liefert, die bzw. das regionale Arbeitsmarktakteure für ihre Entscheidungen und ihr Handeln benötigen.
http://d-nb.info/976120887


Internet-Datenbank: Erhebungen zur betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen
Die Erhebungen zur betrieblichen Weiterbildung in Unternehmen (CVTS = Continuing Vocational Training Survey) sind ein Bestandteil der EU-Statistiken zum lebenslangen Lernen. Auch zahlreiche Forschungsprojekte beschäftigen sich mit dem Thema der betrieblichen Weiterbildung. Eine Übersicht zu den Ergebnissen dieser Erhebungen stellt das Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB) auf seiner Website zur Verfügung.
https://www.bibb.de/de/723.php

 

Veranstaltungen

21. - 22.-04.2016 Indikatoren zur beruflichen Bildung: Stand, Diskussionen und Entwicklungsperspektiven der indikatorengestützten Berufsbildungsberichterstattung
Auf der gemeinsamen Fachtagung vom 21. - 22.-04.2016 des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) werden zentrale Indikatoren in der Berufsbildungsberichterstattung vorgestellt und die Aussagekraft und Belastbarkeit dieser Indikatoren diskutiert. 
Weitere Informationen: https://www.bibb.de/de/38786.php

 

Gute Beispiele

Landkreis Elbe-Elster: Entwicklung einer Fachkräftebedarfsanalyse als Grundlage für Maßnahmen
Der Landkreis Elbe-Elster (Brandenburg) konnte im Rahmen der Förderung durch Lernen vor Ort (LvO) einige thematische Analysen auf den Weg bringen. Unter anderem wurde eine Fachkräftebedarfsanalyse erstellt, die einen aktuellen Sachstand sowie Rückschlüsse für zukünftige Entwicklungen beinhaltete.
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Literatur

Agentur für Erwachsenen-und Weiterbildung, Bildungsberatung - Orientierung, Offenheit, Qualität: Die niedersächsischen Modellprojekte, 1. Aufl. (Bielefeld: Bertelsmann, W, 2014).


Dietel, S.: Mobile Bildungsberatung und nachhaltige Entwicklungschancen. Berlin 2009.


Lernen vor Ort. Werkstattbericht 7:Bildungsberatung. P

 

Veranstaltungen

13. April 2016: Deutscher Verband für Bildungs- und Berufsberatung - Qualitätsentwicklung in der Bildungs- und Berufsberatung – Das BeQu-Konzept

Workshop des Nationalen Forums Beratung (nfb) und des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung der Johann Gutenberg Universität in Mainz.

 

Gute Beispiele

StädteRegion Aachen: Bildungsberater und Bildungsberatungslotsen
Das Bildungsbüro der Städteregion Aachen hat ein auf drei Säulen basierendes Bildungsberatungssystem aufgebaut, das jedem Bürger eine unkomplizierte individuelle Beratung ermöglichen soll, die zu einer erfolgreichen Bildungsbiografie verhilft.
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Kreis Lippe: Bildungsberatung in der Kommune koordinieren
Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts "Lernen vor Ort" (LvO) hat es sich der Kreis Lippe zur Aufgabe gemacht, die allgemeine Bildungsbeteiligung sowie das Bildungsbewusstsein zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der ständigen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft gewinnt der Bereich der beruflichen und allgemeinen Weiterbildung immer mehr an Bedeutung. Ziel ist es, eine Weiterbildungskampagne über "Lebenslanges Lernen in Lippe" zu etablieren, das Marketing zu intensivieren und das System Wege zur Weiterbildung auszubauen.
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