Newsletter TRANSFERkompakt Juni 2022

Interview: Chancengerechte Bildung im Landkreis Uelzen.

Bereits seit Gründung der Bildungsregion Uelzen im Jahr 2013 stehen die Bildungs- und Teilhabechancen aller Bürgerinnen und Bürger im Fokus der Tätigkeiten. Das Bildungsbüro bietet seither die Plattform zur Vernetzung aller Bildungsakteure und vereint sowohl Bildungsmanagement als auch Bildungsmonitoring. Mit Blick auf die Corona-Pandemie und deren Folgen für die Bildungschancen sowie im Zusammenhang mit dem bundesweiten Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ hat der Landkreis Uelzen Ende März 2022 unter anderem einen „Fonds für soziale Teilhabe und Chancengerechtigkeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Landkreis Uelzen“ aufgelegt.

Frau Boenschen, was bedeutet chancengerechte Bildung für Sie?
Sabrina Boenschen (SB):
Chancengerechte Bildung bedeutet für mich, allen Menschen – unabhängig von ihren Fähigkeiten, ihrem Alter, ihrer Herkunft oder weiteren Aspekten – die Möglichkeiten zu geben, ihre Potenziale und Interessen nach ihren Vorstellungen und persönlichen Bedarfen zu entfalten. Um das zu erreichen, müssen wir gemeinsam mit allen beteiligten Akteur:innen dafür Sorge tragen, dass die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Vielleicht noch mal bildlich nach dem bekannten Zitat von Reinhard Turre: Chancenzugangsgerechtigkeit besteht nicht darin, dass jeder einen Apfel pflücken darf, sondern der Zwerg eine Leiter bekommt.

Was hat Sie veranlasst, einen Fonds für soziale Teilhabe und Chancengerechtigkeit für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Landkreis Uelzen aufzulegen?
SB:
Vielleicht vorweg: Die Auflegung des Fonds ist nur eine der zahlreichen Maßnahmen, die der Landkreis Uelzen im Zuge der Folgen der Corona-Pandemie durchgeführt hat. Ziel des Fonds ist die Förderung von Projekten und Maßnahmen, die unmittelbar die Folgen der Corona-Pandemie für Kinder und Jugendliche auffangen und damit einen Beitrag zu Teilhabemöglichkeiten und Chancengerechtigkeit leisten. Im Zuge der Umsetzung des Aufholpaketes „Aufholen nach Corona“ haben wir unter anderem festgestellt, dass im Rahmen der Förderprogramme einige Angebote, Projektformen oder auch Maßnahmen keine Berücksichtigung fanden, die aber für uns vor Ort bedeutsam sind. Dies betraf nicht nur bestimmte pädagogische Formate, sondern auch Akteursgruppen. Insbesondere auch für kleine, ehrenamtlich getragene Einrichtungen wollten wir ein niedrigschwelliges Angebot schaffen, das zusätzlich die Umsetzung von Aktivitäten für die Kinder und Jugendlichen durch die finanzielle Unterstützung ermöglicht.

Welche Akteur:innen waren und sind relevant zur Realisierung des Vorhabens und wie haben Sie diese Akteur:innen an einen Tisch gebracht?
SB:
Insgesamt sind sehr viele Akteur:innen bei der Realisierung des Vorhabens von Bedeutung. Zur organisatorischen Umsetzung des Vorhabens wurde ein Gremium gebildet, dass aus Amtsleitungen der Verwaltung des Landkreises Uelzen und einem Vertreter des Regionalen Landesamtes für Schule und Bildung besteht. Das Gremium entscheidet auch über die Förderfähigkeit der Anträge. Hierbei griffen wir auf bereits gut funktionierende interne und externe Strukturen zurück. Zudem haben wir das Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Samt- und Einheitsgemeinden des Landkreises gesucht und ein Abstimmungsgespräch mit den Hauptakteuren der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit geführt. Nur so konnte der Fonds bestmöglich bedarfsgerecht angelegt werden. Zusätzlich haben wir eine Informationsveranstaltung zum Fonds durchgeführt, an der mehr als 80 interessierte Personen aus allen Bereichen teilnahmen und sich über die Fördermöglichkeiten informierten. Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle an meine Kolleginnen Caroline Axer (Stadt Braunschweig) sowie Ute Tromp (Stadt Osnabrück). Ohne die bereits erfolgte Vorarbeit und die Erfahrungen in diesen Kommunen hätten wir den Fonds nicht in der Kürze der Zeit auflegen können. Ich bin wirklich sehr froh über die Unterstützung, die das DKBM-Netzwerk Niedersachsen uns ermöglicht hat.  

Zur Person

Name: Sabrina Boenschen (l.)
Tätigkeitsbeschreibung: Fachliche Leitung des Bildungsbüros des Landkreises Uelzen
Tätigkeitsbeginn: Juli 2017

> Bildungsregion Uelzen


Welche Rolle spielt das datenbasierte Bildungsmanagement bei der Umsetzung des Fonds? Und welche Aufgaben werden dem Bildungsbüro als koordinierende Einheit zuteil?
SB:
Der Fonds sowie die weiteren operativen Maßnahmen fallen in unser Handlungsfeld „Aufholen nach Corona“. Das Bildungsbüro übernimmt die Verantwortung für die Koordination und die Ausgestaltung des Fonds, berät bei der Antragstellung, nimmt eine Vorabprüfung der Anträge vor und leitet diese an das Gremium weiter. Darüber hinaus vermitteln wir bei Bedarf Kooperationspartner, geben Hinweise zu alternativen Fördermöglichkeiten oder bedarfsgerechte Impulse an die Akteur:innen weiter.

Wie können Sie sicherstellen, dass das Vorhaben die angestrebte Wirkung entfaltet und wie halten Sie die Erfolge fest?
SB:
Die Einführung des Fonds verstehen wir als einen dynamischen Lernprozess. Wir haben die Möglichkeit flexibel und zügig auf mögliche Stolpersteine oder Herausforderungen zu reagieren und entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Das passiert sozusagen nebenbei. Wir lernen gerade gemeinsam als Bildungsregion wie ein solches Instrument funktioniert und wie wir es bestmöglich nutzen können. Quantitativ erheben wir die Anzahl der geführten Beratungsgespräche, die Zahl der Downloads des Antragsformulars und der Richtlinie, die Anzahl der eingegangenen Anträge sowie das Fördervolumen und die Förderquote. Ebenso erfassen wir die Anzahl der erreichten Kinder und Jugendlichen inkl. deren Herkunft und Altersstruktur. Doch auch die Zuwendungsempfänger evaluieren ihre Projekte hinsichtlich Zielerreichung und Wirkung. Im Rahmen des Verwendungsnachweises stellen sie uns diese Ergebnisse zur Verfügung.

Ganz herzlichen Dank für das Interview, Frau Boenschen!